Das Problem mit TDP (Thermal Design Power) Spezifikationen
TDP (Thermal Design Power) Bewertungen wurden von CPU-Herstellern eingeführt, um zu spezifizieren, wieviel Verlustleistung ein Prozessor abgibt, damit Kunden einen passenden Kühler wählen können. Kühler-Hersteller haben demgemäß spezifiziert, wieviel TDP ihre Produkte unterstützen. Das klingt einfach und überzeugend, doch inzwischen ist es leider aus einer ganzen Reihe an Gründen problematisch, einen CPU-Kühler anhand einer TDP-Bewertung auszuwählen, die zu jener des Prozessors passt.
Erstens sind die von Intel und AMD veröffentlichten TDP-Bewertungen über die Jahre zunehmend irreführend geworden. Heute ist es gang und gäbe, dass sogenannte “95W” oder “105W“ Prozessoren 150W oder mehr Wärme abgeben. Während es früher meist manueller Eingriffe seitens des Anwenders (Übertakten) bedurfte, um CPUs mit einer höheren Verlustleistung als der angegebenen TDP zu betreiben, gehen heutige Prozessoren bei der Verwendung ihrer Turbo-Modi vielfach automatisch weit über die spezifizierte TDP hinaus. Dabei verschärfen High-End-Mainboards – falls der Kunde nicht manuell limitierend eingreift – oftmals die Turbo-Einstellungen noch weiter und heben die von AMD und Intel empfohlenen Leistungslimits auf. Folglich kann es problematisch sein und zu unerwartet niedriger Systemleistung führen, wenn man einen Kühler wählt, der bloß die spezifizierte TDP der CPU unterstützt. Die von den CPU-Herstellern gegebenen TDP-Spezifikationen können daher nicht mehr als eine unkomplizierte Richtlinie bei der Auswahl eines Kühlers dienen.
Das ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Das zweite zentrale Problem ist, dass die Menge an Wärmeenergie, die ein Kühler abführen kann, massiv von CPU zu CPU variieren kann. Beispielsweise kann es vorkommen, dass ein und derselbe Kühler auf CPU A bis zu 250W, auf CPU B aber nur 150W abführen kann. Insbesondere sind Prozessoren mit kleinen Chips (DIEs) und kleinen Heat-Spreadern (Integrated Heat-Spreader, IHS) schwieriger zu kühlen als größere mit einer gleich hohen Wärmeabgabe. Zusätzlich zu diesen auf unterschiedliche Wärmestromdichten zurückzuführenden Differenzen spielen auch andere Aspekte wie die interne Chip-Konfiguration, die Anordnung der Chips auf dem Prozessor-Package sowie die maximal zulässige Temperatur eine wichtige Rolle, die zu signifikanten Abweichungen von Modell zu Modell führen kann. Einem CPU-Kühler eine generelle TDP-Spezifikation zu geben, kann daher ebenfalls irreführend sein.
Drittens ist die maximal abführbare Verlustleistung keineswegs der einzige Parameter der thermischen Leistungsfähigkeit eines Kühlers, vielleicht nicht einmal der wichtigste: Die thermische Leistungsfähigkeit von Heatpipe-basierten CPU-Kühlern skaliert nicht linear, d.h. selbst wenn Kühler A maximal 350W abführen kann und Kühler B nur 300W, besteht durchaus die Möglichkeit, dass sie bei niedrigeren Verlustleistungen wie z.B. 150W exakt die gleiche Leistung bieten, was für viele Kunden weitaus relevanter ist. Die Angabe maximaler TDP-Werte zeichnet somit ein viel zu eingeschränktes Bild von Kühlleistung. Das ist insbesondere für Prozessoren mit hohen Wärmestromdichten oder anderen internen Einschränkungen bedeutsam, deren Verlustleistung unabhängig von den Leistungsreserven des Kühlers nicht über eine gewisse Grenze getrieben werden kann. Wenn sich z.B. ein Prozessor aufgrund interner Limitationen nicht mit mehr als 120W betreiben lässt, ist die Kühlleistung bei 120W für den Kunden weitaus bedeutsamer als die Frage, ob der Kühler theoretisch 300 oder 350W abführen könnte.
Zuletzt ist vielfach unklar, wie die von manchen Kühler-Herstellern beworbenen TDP-Werte messtechnisch erhoben wurden. Dies ist äußerst problematisch, da die Menge an Wärmeenergie, die ein Kühler maximal abführen kann, massiv anhand der Testumgebung und -parameter variieren kann. Die Ergebnisse fallen nicht nur je nach verwendeter CPU unterschiedlich aus, sondern auch wenn spezielle Heizelemente statt CPUs verwendet werden sowie abhängig von der Umgebungstemperatur und der Zieltemperatur, bis zu der der Prozessor bzw. das Heizelement aufheizen dürfen. Beispielsweise werden die Ergebnisse komplett unterschiedlich ausfallen, wenn die Tests bei 15°C Umgebungstemperatur durchgeführt werden und das Heizelement 90°C heiß werden darf, als wenn die Tests bei 25°C durchgeführt werden und das Heizelement nur 50°C erreichen darf. Da die meisten Kühler-Hersteller nicht angeben, auf welche Weise ihre TDP-Bewertungen ermittelt werden, ist es äußerst problematisch, diese Bewertungen zum Vergleich von Produkten unterschiedlicher Hersteller heranzuziehen. Den Umstand, dass üblicherweise keine Parameter spezifiziert werden und die Werte daher nicht sinnvoll überprüft werden können, scheinen manche Marken auszunutzen, indem sie TDP-Angaben bewerben, die mit Blick auf reale Anwendungen schlichtweg unrealistisch wirken. Dass wir uns nicht an derlei Spielchen mit übertriebenen Spezifikationen beteiligen möchten, ist ein Mitgrund dafür, warum wir keine TDP-Bewertungen angeben. Stattdessen vermeiden wir die diversen Schwierigkeiten der üblichen TDP-Bewertungen mittels einer Kombination aus unserem NSPR und CPU-spezifischen Klassifikationen.
Noctuas Standardisiertes Performance-Rating (NSPR)
Das NSPR ist ein Plattform-unabhängiges Klassifikationssystem, das es Kunden ermöglicht, die Leistungsfähigkeit unserer CPU-Kühler auf einen Blick zu bewerten und zu vergleichen: Je höher die NSPR-Bewertung, desto höher die Kühlleistung. Beispielsweise erzielen High-End-Kühler wie der NH-D15 einen NSPR-Wert von mehr als 150, während kompakte Low-Profile-Kühler unter 50 liegen. Modelle der gehobenen Mittelklasse wie der NH-U12S liegen zwischen diesen Werten:
CPU-Kühler | NSPR |
NH-D15 G2 (HBC / LBC) | 228 |
NH-D15 (chromax.black / SE-AM4) | 183 |
NH-D15S (chromax.black) | 167 |
NH-D14 | 161 |
NH-U12A (chromax.black) | 169 |
NH-U14S (TR4-SP3 / DX-3647) | 162 |
NH-D12L (chromax.black) | 148 |
NH-U12S (chromax.black / DX i4 / SE-AM4 / TR4-SP3) | 129 |
NH-U12S redux | 129 |
NH-U12S DX-3647 | 157 |
NH-D9L (chromax.black / DX-i4) | 88 |
NH-D9 DX-3647 | 134 |
NH-U9S (chromax.black) | 93 |
NH-U9 (TR4-SP3) | 118 |
NH-U9DX i4 | 87 |
NH-C14S | 119 |
NH-L12Sx77 | 100 |
NH-L12S | 88 |
NH-L12 Ghost S1 Edition | 78 |
NH-L9x65 (chromax.black / SE-AM4) | 67 |
NH-L9i-17xx (chromax.black) | 59 |
NH-L9i (chromax.black) | 59 |
NH-L9a-AM5 (chromax.black) | 61 |
NH-L9a-AM4 (chromax.black) | 61 |
NH-P1 | 42 |
NH-P1 mit NF-A12x25 LS-PWM Lüfter | 89 |
Mittels einer simplen Formel werden streng kontrollierte Messungen von thermischer Effizienz und maximaler Dissipations-Kapazität kombiniert, um eine simple, numerische Bewertung zu ermitteln, die zugleich einfach nachvollziehbar und hochgradig aussagefähig für die reale Leistungsfähigkeit ist.
Sämtliche Messungen, auf denen das NSPR basiert, werden in einer Klimakammer bei einer stabilen Umgebungstemperatur von 22°C sowie mit exakt kontrollierten Umgebungsparametern durchgeführt. Die Verwendung eines speziellen Heizelements, das mit einem Labornetzteil betrieben wird, ermöglicht eine präzise Regulation der Wärmeabgabe. Alle Daten werden mit hochwertigen Temperatursensoren ausgelesen, wobei die Messungen dreimal wiederholt werden, um zu garantieren, dass es keine signifikanten Abweichungen gibt. Die Messtoleranz pro Messvorgang liegt unter 0,05°C.
Die erste Basis für das NSPR ist eine Messung der thermischen Effizienz bei einer stabilen Hitzelast, die abhängig von der Leistungsklasse des Kühlers gewählt wird. Beispielsweise werden kompakte Low-Profile Kühler und Passiv-Kühler bei 120W getestet, wohingegen High-End Tower-Kühler mit 250W getestet werden. Die Temperatur des Heizelements wird gemessen, nachdem sie für 15 Minuten ein stabiles Niveau erreicht hat. Um die Ergebnisse zwischen unterschiedlichen Hitzelasten und Leistungsklassen vergleichbar zu machen, wird die Hitzelast in Watt durch die Delta-Temperatur (Differenzwert zwischen Umgebungstemperatur und der Temperatur des Heizelementes) dividiert.
Die zweite Basis für das NSPR ist eine Messung der Dissipations-Kapazität, welche die Fähigkeit des Kühlers widerspiegelt, mit hohen Hitzelasten umzugehen. Für diesen Test wird die Hitzelast schrittweise gesteigert, bis das Heizelement eine Temperatur von 60°C erreicht und für 15 Minuten stabil hält.
Die Ergebnisse beider Tests werden anschließend kombiniert und durch die Multiplikation des ersten Testergebnisses mit 10 sowie die Division der im zweiten Test ermittelten Hitzelast durch 10 ausbalanciert:
Durch die Kombination einer Messung bei typischer Hitzelast mit einer zweiten Messung, die die maximale Dissipations-Kapazität des Kühlers überprüft, bietet das NSPR ein vollständigeres Bild der Leistungsfähigkeit eines Kühlers als übliche TDP-Spezifikationen, weil sowohl die Leistung unter Normalbedingungen als auch jene unter extremen Bedingungen berücksichtigt werden. Aufgrund der Durchführung bei 22°C Umgebungstemperatur sowie mit klar spezifizierten, realistischen Parametern (typische Hitzelasten im ersten Test, 60°C Zieltemperatur im zweiten Test) wird zudem der Fehler vermieden, Testszenarien zu bemühen, die nichts mehr mit realen Anwendungen zu tun haben. Nichtsdestoweniger stellt selbstverständlich auch das NSPR – wie jede Indikation mittels eines einfachen Zahlwertes – eine Simplifikation des komplexen Bildes von Kühlleistung dar. Insbesondere kann nicht abgebildet werden, dass die Kühlleistung je nach Plattform, CPU-Serie, ja sogar von CPU-Modell zu CPU-Modell innerhalb einer Serie variieren kann. Deshalb bieten wir zusätzlich ein CPU-spezifisches Klassifikationsschema an.